Endlich war es soweit, mein erster Besuch im Werkshase bei unserem Cooking Aces Mitglied Sebastian Franke. Lange habe ich mich auf den Besuch bei ihm gefreut und voller Spannung erwartete ich sein Dégustationsmenü.
Seit kurzem ist Sebastian Küchenchef im Werkshase, ein Restaurant mit wohl einzigartigem Design Konzept. Als wir ihn während der Chefsache besucht haben, konnte ich mir bereits einen ersten Eindruck verschaffen. Jetzt jedoch, am Abend, sah alles noch mal eine Stufe cooler aus. Auf dem Gelände des Carlswerk ist derzeit das Schauspiel Köln im DEPOT ansässig. Das Restaurant Werkshase dient in erster Linie den Mitarbeitern der Bühnen Köln als Kantine, ist aber am Abend für jedermann geöffnet. Zusammen mit der Bühnenbildnerin Cordula Körber und dem Schauspielhausteam ist es den Betreibern (Hase Catering) sehr gut gelungen, den Industrie Charme und durch die verwendeten Turngeräte einen gewissen Turnhallen Charakter zu vermitteln.
Der neue HotSpot der Stadt scheint bei Prominenten sowie Theaterbesuchern gleichermaßen beliebt zu sein. Wir waren froh einen Tisch reserviert zu haben, schnell füllte sich das Restaurant über den Abend hinweg.
Bereits bei meinem ersten Besuch fand ich die Idee, statt konventionellem Besteck ein Camping Besteck einzudecken, grandios. Wir starteten ohne Speisekarte da wir uns ganz auf Sebastian Franke verlassen haben. Zu erst fand eine Bäckertüte und ein Weckglas mit Kräuterquark den Weg an unseren Tisch.
Wir entsprachen der Empfehlung unserer Bedienung und orderten einen Sekt mit Traubensaft. Sehr erfrischend und gut als Aperitif geeignet.
Sebastian lies nicht lange auf sich warten und brachte uns seine erste Vorspeise persönlich (so wie alle Gerichte an diesem Abend) an den Tisch. Was da kam lies vermuten was hier heute noch abgehen sollte. Fünf mal Blumenkohl | Haselnuss und Schnittlauch.
Treffer, Versenkt! Nur noch so will ich meinen Blumenkohl haben!
Fand ich es doch Eingangs sehr mutig eine vegetarische Blumenkohl Vorspeise anzubieten, wurde nach diesem Gericht klar, dass der Kollege Franke das Spiel mit den Texturen richtig drauf hat. Wie unterschiedlich und doch so ähnlich ein Blumenkohl schmecken kann… Faszinierend!
Ich dachte mir ja schon das hier ein Feuerwerk abgebrannt werden würde, aber als dann der Saibling bei mir angekommen war, fehlten mir ein erstes mal die Worte.
Ging es doch beim Blumenkohl noch gewürztechnisch eher verhalten zu, flog diesmal eine richtige Granate durch das Geschmacksfenster. Der beste Saibling den ich je hatte, ganz klare Nummer! Sicherlich wurde ein Top-Ausgangsprodukt verwendet, aber dem doch eher zurückhaltenden Saibling derartig auf die Sprünge zu helfen, bedarf es schon einer gehörigen Portion Talent. Perfekt abgeschmeckt, mit diesen herrlichen prickelnden Gurken welche mit Kohlensäure versetzt waren und diese frischen Komponenten aus Radieschen und der Creme machten einfach nur Spaß. Wenn ich nicht gewusst hätte das da noch einiges auf uns wartete, hätte ich das Gericht direkt ein zweites mal geordert.
Mit einem breiten Grinsen im Gesicht freuten wir uns auf den nächsten Gang. Mit einem noch breiteren Grinsen servierte Sebastian dann sein Risotto mit Semmelstoppeln. Mit einer Microplane rieb er anstatt Parmesan, einen selbst hergestellten Schinken aus Hähnchenbrust über das Gericht. Seine Ansage war: „Bei Risotto macht mir keiner was vor“
War ich doch selbst lange Küchenchef in einem italienischem Restaurant, also mit gutem Risotto vertraut, hat mich dieses Gericht auf verschiedenen Wegen berührt. Der Garpunkt war perfekt getroffen, alles hatte Biss und war zugleich cremig und sofort präsent. Feine Säure von Zitrone und Weißwein ergänzten sich erstklassig und in Tateinheit mit den sehr guten Pilzen war das ganze eine mehr als gelungene Nummer.
Aber mal langsam, das war nur die eine Ecke des Tellers an dem der Schinken nicht angekommen ist. Auf der anderen Seite nahm ich eine Gabel voll Reis mit Pilzen und einer guten Portion geriebenem Schinken auf. BOOOM! Jetzt ging es richtig ab, der Schinken stößt einfach mal so eine neue Tür auf und scheppert mir mit der flachen Hand voll eins vor den Schädel! Da dachte ich mir so: Ja, sehr gutes Risotto aber wo ist die Raffinesse aus den ersten beiden Gängen geblieben? Da war sie! Und mehr als das, der Schinken brachte eine neue Dimension in das sonst tadellose Gericht. Ganz großes Kino Sebastian! Chapeau!
Euphorisch und etwas kleinlaut saß ich da an meinem Tisch und überlegte warum ich nicht schon lange darauf gekommen bin so einen Schinken herzustellen. Mir blieb wenig Zeit in Selbstmitleid zu versinken, da bereits der nächste Gang serviert wurde. Weiter ging es mit geschmorten Rinderbäckchen | Mangold | Senfgemüse und Kapuzinerkressepüree.
Geschmorte Bäckchen, eines meiner Lieblingsgerichte! Die Interpretation des Herrn Franke lies mich ein weiteres Mal an den eigenen Fähigkeiten zweifeln. Ausgesprochen saftige Bäckchen und kräftige Sauce ließen mich nichts vermissen. Senfgemüse und Senfsaat erweiterten das Spektrum und das würzige, cremige, leichte Püree vereinte die Aromen und lieferte somit ein schlüssiges Gesamtkonzept ab. Wiederum ein tolles Gericht, welches mit spürbar viel liebe und Know How zubereitet wurde.
Bin ich doch alles andere als ein Vegetarier, schaffte es Sebastian Franke ein weiteres mal mich zu überraschen. In Salzkruste gegarter Fenchel mit gepickelten roten Zwiebeln, Kartoffel-Crunch und Apfel-Cidre Schaum
Tolles Aroma und knackige Frische. Die süßen Zwiebeln und die gegenteilige Säure der rosa Variante, unterstützten den Fenchel erstklassig. Eine schöne Haptik gelangt durch den Crunch in den Mund und lässt das ganze sehr elegant daher kommen. Ich bin überzeugt das dieses Gericht zu einem Werkshase Klassiker avancieren wird.
Im Nachhinein war der Fenchel im Menü perfekt platziert worden. Er brachte die nötige Vorbereitung auf das was da folgen sollte. Der Sous Vide gegarte Kabeljau mit Wald und Wiese warf riesige Schatten voraus.
Ein Meisterstück! Für mich eines der besten Fischgerichte seit sehr langer Zeit.
Ich möchte an dieser Stelle behaupten das dieses Gericht epochale Auswirkungen auf meine weitere kulinarische Laufbahn genommen hat. Das Verständnis mit wenigen erstklassigen Zutaten, ein solch bemerkenswertes Gericht zu kreieren, bleibt nur wenigen Köchen vorbehalten.
Pefekter Kabeljau, hoch aromatische Sauce, eine Pilzcreme die ihresgleichen sucht und komplexe Erde verleihen diesem Gericht die Berechtigung, in meiner persönlichen Hall of Fame Einzug zu halten.
Total geflasht vom eben erlebten, wollte ich am liebsten sofort die ganze Welt teilhaben lassen. Ich muss dem geneigten Leser (übrigens vielen Dank für das Interesse 😉 ) dringend dazu raten Sebastian Franke zu besuchen und diesen Fisch zu probieren!
Eigentlich schon am Zenit angekommen, machten sich Sebastian und Benjamin einen Spaß daraus mir ein weiteres Brett vor die Stirn zu kloppen! Der Duroc Schweinebauch mit Rettich und Mandarine.
Um mich nicht komplett zum Narren zu machen, verzichte ich darauf hier weiter mit Superlativen umher zu werfen.
Mhhh… klappt nicht, ich muss!
BÄM! Da schicken mir die Jungs nach diesem folgenschwerem Kabeljau noch dieses Teil an den Tisch. Hau Ab! Ich komme nicht mehr klar!
Gibt es das denn? Bin ich doch nun wirklich verwöhnt was Schweinebauch angeht, immerhin macht René Kalobius den besten der Welt. Aber dieser hier, der war wirklich was besonderes. Rettich und Mandarine, geht das überhaupt? Oh ja, es geht! Und wie es geht, unglaublich gut sogar. Der Bauch war natürlich perfekt gegart und saftig, der Rettich so mild und trotzdem etwas scharf und in Verbindung mit der süß-sauren Mandarine ein echtes Erlebnis. Alles in allem ein weiteres Highlight bei diesem Besuch.
Geistig verwirrt und kulinarisch gedemütigt wartete ich auf das Dessert. Das fühlte sich so ein bisschen an wie der Weg nach oben in der Achterbahn. Während der Fahrt ist eigentlich noch alles o.k. und am Gipfel angekommen will man eigentlich aussteigen und nicht weiter fahren. Wäre da nicht dieses Bauchkribbeln, das Adrenalin und der Gefühlsrausch auf dem Weg in die Tiefe. In den Abgrund ging es diesmal nicht, eher das Gegenteil… Walnusskäse aus eigener Herstellung mit Holunder und Honig:
Sehr übersichtlich und aufgeräumt kommt der Käse daher, Silberpartikel glänzen im Honig und verleihen dem Gericht einen edlen Charakter. Ich dachte an nichts böses und folgte der Empfehlung der Köche und spießte den Käse auf die Gabel, zog ihn durch den Sirup und steckte ihn mit einem Biss in den Mund.
Das Ding war warm! Ich hatte ja mit allem gerechnet aber nicht das dieses Bällchen plötzlich warm daher kommt. Geil! Der Käse war im inneren fast komplett geschmolzen und die Aromen kamen voll zur Geltung. Aber Moment, die warmen Walnüsse entfalteten dieses spezielle Aroma, dieses nussige, an Blausäure erinnernde, was grundsätzlich ja nicht zu verachten ist. Dann schob ich dieses kleine Radieschen hinterher und alles wurde einfach nur gut. Das kleine Ding wirkte wie ein Katalysator und vereinte mit einem schlag alles an Geschmack was sich im Mund befand. Kam es mir doch zu Anfang schon leicht fehl am Platz vor, verstand ich nun den Sinn und schämte mich ein wenig. Wirklich gelungenes Gericht.
Ich bin ja bekanntlich kein großer Fan von süßen Dessert, nach diesem Menü verlangte es der Körper aber förmlich. Da war es auch schon soweit und die Variation von Zwetschge | Essig und weißer Schokolade stand bereit.
Ein letzter Knaller zum Ende, großes Dessert mit hoch aromatischen Zwetschgen und fein ausbalancierten Aromen. Textur und Geschmack geben sich die Klinke in die Hand und halten gemeinsam Einzug in Mund und Nase. Wie bereits erwähnt habe ich keinen Vertrag mit süßen Desserts, aber hier und heute war das der perfekte Abschluss eines grandiosen Degustationsmenüs.
Mir bleibt nicht mehr viel zu sagen, ich danke dir Sebastian für diesen wundervollen Abend. Du hast mit diesem Menü etwas nachhaltiges geschaffen, meine Sichtweise auf manche Dinge verändert und die Messlatte richtig hoch gelegt. Ich wünsche dir und den Inhabern des Werkshase viel Erfolg und noch viel mehr Gäste die euer Ding so hart feiern wie ich!
Speziellen Dank auch an Benjamin Meisl, bist ein wirklich netter Kerl und hast ordentlich was auf dem Kasten. Ich wünsche mir das du mit Sebastian zusammen bald die Anerkennung bekommst die ihr verdient habt.
Sebastian Franke, ich bin stolz das du Cooking Aces Mitglied bist!
In kulinarischer und freundschaftlicher Verbundenheit, Bernd Zehner 😉
EDIT: Sebastian Franke ist nicht mehr im Restaurant WERKSHASE.
Wir werden ihn an seiner neuen Wirkungsstätte auch wieder besuchen.