Auch in 2016 war es wieder soweit, Euro Toques Mitglied Daniel Nöller – Küchenchef im Hotel Lindenwirt Rüdesheim – hat befreundete Köche zur Geschmackssache Heimat eingeladen.
Die Ausgewählten Gäste des Lindenwirts, in dem es in der Regel etwas rustikaler zugeht, durften sich an den Gourmet Exkursionen des Küchenoberhaupts und seinen befreundetet Küchenchefs erfreuen. Ganz dem Thema Nachhaltigkeit und Regionalität verschrieben, fand ein 7 Gang Menü der Extraklasse, den Weg an die limitierten Tische im wunderschönen Gastraum des Hotels. Die hochwertigen Elemente die unter anderem 100% WILD Produkte aus den Rüdesheimer Jagdrevieren und Fleisch der Schwäbisch Hällischen Erzeugergemeinschaft enthielten, versprachen schon vorab, probabel ein Hochgenuss zu werden.
Die Köche fanden sich schon am frühen morgen ein um die hochwertigsten Produkte für den Abend zu präparieren, wie ich später erfahren konnte begannen die Vorbereitungen schon tage vorher, es wurde fermentiert, mariniert und eingelegt. Die Liste der namhaften Köche ließt sich wie folgt:
Daniel Nöller
Thilo Hanke
Gregor Raimann
Oliver Sropp
Martin Selzer
Dank dem Inhaber Ehepaar Franziska und Thomas Dichtl, durften die Gäste sich auch auf eine exzeptionelle Weinauswahl freuen. Bestens abgestimmt und durch den mehr als aufmerksamen Service vorgetragen, sind allerhand Meisterwerke der Önologie in die Gläser gegossen worden.
Zur Einstimmung auf das opulente Dinner gab es einige Schweinereien aus der Hauseigenen Räucherei. Serviert mit einem herrlichem Krustenbrot und Butter stimmte es uns auf das ein, was da noch so folgen sollte.
Kurz danach schickte uns Küchenchef Nöller auch schon seine Interpretation von Geschmackssache Heimat aus der Küche.
Eigenwillig und gewagt. Den Gedanken Wald und Wiese bis ins Detail umgesetzt und durch handwerkliches Geschick und Geschmackssicherheit auch auf den Teller gebracht! Eine außergewöhnliche und zugleich vortreffliche Vorspeise, welche durch vielschichtige Aromen bei gleichzeitiger simplizität zu überzeugen wusste. Ein erstes aufblitzen der Gedankengänge des Spitzenkochs Nöller, mit dem Versprechen das er sich mit einen Hauptgang ein weiteres Mal an diesem Abend zu Wort melden würde.
Noch beim Beobachten der anderen Gäste und dem leeren meines Glases 2014er Pinot Blanc Edition Lindenwirt beschäftigt, merkte ich wie es zügig weiter ging und Gang zwei serviert wurde.
Fleischig, zart und fein abgeschmeckt fand die Sülze mit ihrem topping aus roter Beete und der Unterlage aus knackigen Linsen den Weg zu uns. Die Säure betonte Beete und die Linsen fanden einen erstklassigen Gegenspieler mit der krossen Garnele und dem süßen Kürbis. Die erdige Beete und das erstklassige Kalb ergänzten sich wunderbar, in Verbindung mit der Haptik der Linsen und dem cremigen Püree vom Kürbis, bewies der Erschaffer Thilo Hanke einen außerordentlichen Sinn für Textur und Geschmack. Ein sehr gelungenes Gericht, welches in Verbindung mit dem 2013er Riesling CHARTA vom Weingut Johannishof einen sehr stimmingen Gesamteindruck abgab.
Schon leicht euphorisch und nicht nur durch den Wein positiv gestimmt, verlies ich den Gastraum in Richtung Küche um zu schauen wie das Küchenteam am nächsten Gang werkelte.
Emsiges Treiben und konzentriertes Arbeiten sind auf diesem Niveau ja nicht ungewöhnlich, jedoch merkte ich das alle Köche (von denen sich die meisten vorher nicht kannten) mit Spaß und viel Freude bei der Arbeit waren. Ein weiteres Mal hat Daniel Nöller es geschafft Kollegen zusammen zu bringen, die nach diesem wunderbaren Menü wohl als Freunde nach Hause gegangen sind. Schön zu sehen wie kulinarik nicht nur Gäste sondern auch die Menschen hinter dem Pass vereinen kann.
Kaum zurück am Tisch, wurde uns der nächste Gang serviert. Zwischenzeitlich hatte der Service einen Löffel eingedeckt, schnell sollte sich herausstellen warum…
Da war er also, der Trüffel. Ich bin ja leider kein großer Fan der Knolle. Komischerweise besserte sich das in den letzten Jahren, Geschmack kann man tatsächlich lernen. Zwar gibt es immer noch Dinge die ich einfach nicht rein bekomme (Nieren und die Leber von Tieren die größer als eine Gans sind) aber der Trüffel avanciert immer mehr zu einem geduldetem Teilnehmer meiner persönlichen ‚Favorite Things‘ Liste. Insbesondere dann, wenn ein Meister seines Fachs wie Cooking Aces Mitglied Gregor Raimann von RaimannConcepts Hand anlegt. Die auf wenige Produkte und voll auf Geschmack ausgerichtete Küche ist ja bekanntlich genau mein Ding. Wiedermal schaffte es Gregor mir und den anderen Gästen ein wohliges lächeln ins Gesicht zu zaubern. Jetzt war klar warum man den eben noch eingedeckten Löffel brauchte, die Komposition aus dem cremig, buttrigem Selleriepüree mit frischem Lauch und der verwendeten Nussbutter, bettelte quasi danach das perfekte Ei und knuspriges Lauchstroh miteinander zu verbinden und gekrönt vom hoch aromatischem Trüffel zu verspeisen. Wer sich auch nur ein bisschen auskennt, dem läuft bereits beim betrachten des Bildes das Wasser im Mund zusammen. Verbunden durch warmes, flüssiges Eigelb ergibt sich ein Aromenspektakel ohne Ecken und Kanten. Auf den Punkt abgeschmeckt, handwerklich perfekt arrangiert und umgesetzt. Sicher ein Gericht bei dem der Mentor Gregors, Josef Viehhauser ein Pionier der puristischen Nouvelle Cuisine, nichts zu meckern gehabt hätte. Wenn wir schon beim meckern sind, steige ich mal mit ein: Wo ist mein zweiter Teller?
Noch beim Riesling und in angenehme Gespräche mit meinen Tischnachbarn vertieft, freute ich mich auf den nächsten Gang, welcher nicht lange auf sich warten ließ.
Hier wurde im Vorfeld des Events schon fleißig gearbeitet. Der drei Tage zuvor marinierte Fisch und die einige Tage fermentierten Pilze wurden mitgebracht.
Auf den Punkt gegarter Kabeljau auf süßlichen, stark aromatischen Pastinaken, in Verbindung mit den vor Kraft und Umami strotzenden Pilzen war einfach gut! Richtig gefälliges Comfort Food mit hohem Anspruch an das Produkt und die handwerklichen Fähigkeiten des Oliver Sropp. Zum Glück hatte ich meinen Löffel von eben noch, hier konnte ich ihn wieder sehr gut gebrauchen. Die gepoppte Schweineschwarte auf dem Fisch, setzte witzige Akzente und steuerte den nötigen Crunch bei. Ich habe gerne aufgegessen und dazu mein Glas 2015er Terra Montosa von Georg Breuer geleert.
Wie bereits beim ersten Gang angekündigt, meldete sich Küchenchef Daniel Nöller mit einer weiteren Interpretation seiner heimatverbunden Aromenküche zurück.
Nicht umsonst ist der erfahrene Spitzenkoch Nöller, der Chef am Herd im traditionsreichen Lindenwirt. Ohne zu zucken, knallt er seinen Gästen und mir, ein solches Ding heraus. Sicher fähig dazu ein Menü zu kreieren und den nötigen Spannungsbogen aufzubauen, ist diesem Nöller bei seinen Überlegungen zum selbst gesetzten Thema, ein Meisterstück gelungen! Nach allen vorausgegangenen Gerichten, freute ich mich schon, nein ich erwartete schon ein solchen Fleischgang mit richtig Bums. Perfekt geschmortes Fleisch vom Mufflon, rosa Hirsch aus der Region mit den dazu verabreichten Waldaromen war fabelhaft. Die Sauce zum niederknien und durch die im gebackenen Wirsingtörtchen versteckte Topinambur, herrlich aufzunehmen. Die verspielte Erde sorgte für ein angenehmes Mundgefühl und war nicht nur zur Effekthascherei in der Kurve des Tellers platziert worden. Tadellos durchdacht und über jede Kritik erhaben präsentierte Daniel mir dieses Gericht. Danke dafür!
Das der exzellente 2012er Howzit von Paul Barth das ganze perfekt bereicherte, stellt wiederum die perfekte Leistung beim Auswahl der Weine in den Vordergrund. Hier merkt man deutlich, wie nah Küchenleitung und Service bei diesen Themen zusammenarbeiten.
Wirklich gesättigt und leicht angedudelt von den tollen Weinen, fragte der Körper förmlich nach etwas süßem.
Zum Glück lies Patissier Martin Selzer uns nicht lange auf seine Kreation warten. Vollmundige Schokolade mit feinstem Nougat und der frischen Birne in Sorbetform. Da kann man nur von Glück sagen, wenn man den Weg an diesem Abend in den Lindenwirt gefunden hatte. Ein grandioses Menü fand durch das tolle Dessert einen würdigen Abschluss. Selbst ich als nicht süß esser, empfand es als ideale Abrundung und freute mich über den Knaller zum Schluss. Das die Spätburgunder Auslese aus 2011 vom Rüdesheimer Drachenstein Weingut Schön, wieder mal als süffiger und sehr gut Ausgewählter Begleiter, dass Dessert flankiert, soll nicht nur Randnotiz bleiben.
Ich bedanke mich ganz herzlich für den tollen Abend und kann nur jedem raten, sich Tickets für das kommende Jahr zu sichern. Herr Dichtl kündigte bereits an, dass er nach diesem Erfolg, gerne auch im nächsten Jahr wieder eine solche Veranstaltung inszenieren möchte. Wir sind gerne wieder mit dabei und können es schon jetzt kaum erwarten.
In kulinarischer Verbundenheit
Bernd Zehner